„Es gibt keinen Turnaround, aber econ wird sich wandeln.“
Interview mit Till Boeder, Geschäftsführer econ solutions
„Es gibt keinen Turnaround, aber econ wird sich wandeln.“
Zum 1. Oktober 2022 hat Till Boeder die Geschäftsführung bei econ solutions übernommen. Was ihn an dieser Position besonders reizt, wie er seinen Führungsstil beschreibt und welche Ziele er sich für econ gesetzt hat, verrät er im Interview.
Herr Boeder, möchten Sie sich zu Beginn kurz vorstellen?
Sehr gerne. Ich bin 33 Jahre alt und lebe mit meiner Familie in Mannheim. Nach meinem Maschinenbau- und Wirtschaftsingenieurwesen-Studium habe ich 2013 meinen ersten Vollzeit-Job bei BFE Institut für Energie und Umwelt übernommen. Vorher hatte ich während meines Dualen Studiums und studienbegleitend als „Teilzeit-Ingenieur“ aber auch schon Berufserfahrung gesammelt. Eingestiegen bin ich bei BFE als Energiemanager, ein gutes Jahr später durfte ich die Leitung einer Gruppe übernehmen, die den Bereich der erneuerbaren Energien bei BFE vorangetrieben hat. 2016 habe ich dann die Chance bekommen, die Leitung der Abteilung Filialkunden zu übernehmen. Dazu gehörten anfangs eine Baumarkt- und eine Möbelhandelskette, aber schnell haben wir weitere Kunden gewonnen, sodass sich die Abteilung rasch vergrößert hat.
Sehr prägend war ab 2019 ein Projekt des BFE- und econ-Mutterunternehmens MVV Enamic, bei dem ich als Leiter der Einheit Kundenlösungen mitgearbeitet habe. Dabei ging es darum, die Zusammenarbeit der Partner innerhalb der Enamic neu auszuloten. Man hat sehr tiefe Einblicke in das Lösungshaus bekommen, das die verschiedenen Partner innerhalb von MVV Enamic bilden. Eine wichtige Erfahrung war dabei, dass jeder Partner seine Kompetenzen in das Lösungshaus einbringt, was letztlich den Mehrwert ausmacht. Für mich war es zudem der Schritt von den gedanklichen Grenzen bei BFE hin zu einem stark erweiterten Horizont über das gesamte Enamic Lösungshaus. Seit September 2021 habe ich mich als Abteilungsleiter Kunden- und Datenanalyse und Prokurist wieder stärker auf BFE konzentriert. Und seit 1. Oktober darf ich nun econ solutions führen.
Sie waren neun Jahre bei BFE – offensichtlich ein perfect match.
Ja, das stimmt. BFE ist so flexibel, dass man sich dort entwickeln und ausprobieren kann. Obwohl BFE zu einem Konzern gehört – wie econ ja auch – ist das Unternehmen noch klein genug, dass man sich als Persönlichkeit weiterentwickeln kann. Das hat mit allen Höhen und Tiefen – die ja immer dazugehören – sehr viel Spaß gemacht. Unter den Kolleginnen und Kollegen gab es einen sehr starken Zusammenhalt. Es waren sehr lehrreiche und tolle Jahre, in denen ich viel Vertrauen geschenkt bekommen habe.
Warum nun der Wechsel zu econ?
econ und BFE arbeiten sehr eng zusammen, weil die Themen, die die Kunden haben, sehr ähnlich sind und sich die Kompetenzen und Leistungen super ergänzen, um diese Themen gemeinsam zu bearbeiten. Gerade auch in dieser Zusammenarbeit hat man gemerkt, dass es noch ganz viel Potenzial für econ gibt, und das wollen wir natürlich heben – nicht nur in der Zusammenarbeit, sondern auch für econ alleine. econ hat also noch sehr viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln und der Markt ruft auch danach. Das hat bei der Überlegung, die Geschäftsführung zu übernehmen, eine große Rolle gespielt.
In welchen Bereichen sehen Sie dieses Potenzial für econ?
econ hat eine sehr wichtige Rolle, nicht nur im Lösungshaus. Mit seiner Energiemanagement-Software ist econ einer der Vorreiter und mit führend am Markt. Bisher sind wir stark gewachsen, was sehr positiv ist. Inzwischen sind die Entwicklungen am Markt jedoch unglaublich dynamisch geworden. Gesetze oder regulatorische Vorgaben sind oft sehr schnelllebig und die Kunden – sowohl bei BFE als auch bei econ – müssen damit umgehen. Es besteht also einerseits die Herausforderung, mit diesen schnellen Entwicklungen Schritt zu halten. Andererseits sind die Nachfragen und Herausforderungen unserer Kunden sehr individuell geworden und gehen über das, was econ aktuell anbietet, hinaus. econ ist sehr stark auf Energieeffizienz fokussiert. Und auch wenn sich Energieeffizienz wie ein roter Faden durch die neuen Vorgaben und Regulatorien zieht, kann es passieren, dass Themen wie Nachhaltigkeit oder Dekarbonisierung sie „schlucken“.
Was meinen Sie damit?
Bei Unternehmen, die sich vornehmen, nachhaltiger zu werden, kann Energieeffizienz schnell mal hinten runterfallen. Es besteht die Gefahr, dass ein Unternehmen sich „grün wäscht“ ohne wirklich Energie zu sparen. Das ist econ nicht und das ist auch die MVV nicht. Wir sind die Umsetzungseinheiten und kümmern uns darum, dass ein Unternehmen tatsächlich klimaneutral wird. Das ist ein bedeutender Unterschied.
Haben Sie für econ schon konkrete Ideen und Ansätze?
Ja, die haben wir. econ ist sehr gut darin, Transparenz über Energiemengen und Energieflüssen zu schaffen. Um unsere führende Position zu behalten, werden wir unseren Fokus erweitern und Unternehmen künftig auch bei Themen wie Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit diese Transparenz geben. Damit können sie Maßnahmen definieren und priorisieren, die sowohl ihre Verbräuche als auch ihre Treibhausgas-Emissionen tatsächlich reduzieren. Dafür werden wir stärker mit den Lösungshaus-Partnern zusammenarbeiten, wie auch mit Dritten.
Das heißt: econ wird sich wandeln. Wir werden allerdings nicht in Wettbewerb zu großen CO2-Bilanzierungsunternehmen treten. Das Bestandsgeschäft bleibt wichtig und wird sogar immer wichtiger. Es gibt also keinen Turnaround, sondern eine Weiterentwicklung.
Geht es Unternehmen in der aktuellen Situation mit massiv steigenden Energiepreisen überhaupt noch um Nachhaltigkeit oder eher darum, Energiekosten zu sparen?
Es ist eine bunte Mischung: Manche Unternehmen sagen: Mir geht es rein um die Kosten, damit ich mein wirtschaftliches Überleben sichern kann. Das ist dramatisch! Es gibt wiederum andere, die sagen: Ich muss jetzt Energie sparen, weil ich entsprechende Verpflichtungen habe oder Gaslieferengpässe. Hier ist econ sehr stark, denn die Lösungen helfen Unternehmen zu bestimmen, wo sie Energie sparen können, was weiterlaufen muss, was abgeschaltet werden kann und wie viel das bringt.
Daneben gibt es aber auch viele Unternehmen, die schon begonnen hatten, sich nach Nachhaltigkeitskriterien aufzustellen. Auch ihnen geht es jetzt darum, nicht unter den hohen Kosten zu leiden, unabhängiger zu werden oder Energie zu sparen. Aber sie fragen sich auch: Wie schaffen wir es trotzdem, an dem Ziel, klimaneutral zu werden, festzuhalten? Dadurch hat sich der Kundenkreis von econ erweitert.
Inwiefern?
econ kommt vorwiegend aus dem Industriebereich und hat hier eine starke Position. Jetzt kommen zum Beispiel auch Kliniken oder Gesundheitsverbände auf uns zu. Ihnen geht es nicht um Steuerersparnis, wie es in der Industrie manchmal der Fall war. Sie wollen wirklich verstehen, was in ihrem Unternehmen im Bereich Energie eigentlich los ist. Die Motivation kommt hier nicht aus der Produktion, sondern aus dem kaufmännischen Bereich und den Verpflichtungen aus Regulatorien und Berichtswesen, z.B. der EU-Taxonomie. Aber auch die gesellschaftlichen Entwicklungen treiben Unternehmen, nachhaltiger zu werden. Für sie sind wir Ansprechpartner und begleiten sie, auch gemeinsam mit unseren Partnern aus dem Lösungshaus, in ihrem Transformationsprozess.
Das heißt, es geht nicht mehr nur um Energiemanagement, sondern um viel mehr. Die Grenzen zwischen Energie- und Umweltmanagementsystemen, bzw. zwischen Kosten- und Emissionen-Sparen, verschwimmen immer mehr. Bei diesem Wandel werden wir als econ voranschreiten.
econ gehört – wie BFE – zum Energieunternehmen MVV. Was bedeutet das für econ?
Die MVV bietet ein enormes Gewicht an Marktauftritt und Marke, an Kundenstruktur und auch an Stabilität. Für ein wachsendes Unternehmen wie econ ist das ganz klar von Vorteil. Und die Verknüpfung mit den Fachpartnern bietet einzigartige Entwicklungsmöglichkeiten, die econ sowohl alleine wie auch zusammen mit den anderen Unternehmen nutzen kann und wird. Dabei ist es wichtig, agil zu bleiben.
Auch unsere Kunden haben Vorteile durch unsere Zugehörigkeit zur MVV. Sie bekommen Services, Produkte und Lösungen, die aufeinander abgestimmt sind und einen Mehrwert erzeugen. Dass das tatsächlich als Vorteil wahrgenommen wird, sieht man an der tollen Entwicklung des Konzerns und der Partnerunternehmen.
Als Geschäftsführer prägen Sie nicht nur die Ausrichtung von econ entscheidend mit, sondern auch die Zusammenarbeit im Unternehmen. Was ist Ihnen dabei wichtig?
Auch wenn ein Unternehmen Hardware- und Software-Produkte hat, wie econ, sind es die Mitarbeitenden, die Kolleginnen und Kollegen, die den Unterschied machen. Aus ihnen besteht econ, das ist ganz, ganz wichtig. Durch meine Erfahrungen, die ich durch Vorgesetzte und selbst als Vorgesetzter erleben durfte, bin ich überzeugt, dass man ihnen auf Augenhöhe begegnen sollte. Nur dann kann man gemeinsam agieren und gemeinsam das Unternehmen nach vorne bringen.
Mit 33 Jahren sind Sie für die Position des Geschäftsführers noch relativ jung. Was würden Sie sagen: Vor- oder Nachteil?
Ich denke, es ist ideal: Ich habe schon die Erfahrung gesammelt, die nötig ist, um eine solche Position auszuführen, und gleichzeitig bin ich noch lernbereit und nicht eingefahren in starren Mustern. Ich freue mich sehr darauf, econ gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen weiterzuentwickeln.